Der Juwelenraub von Kommern:

Männer gestehen Überfall

Dieter Brockschnieder, KStA • 05.10.2022


Mechernich-Kommern – Die Beweislage scheint eindeutig: Am 8. März dieses Jahres überfielen drei Männer einen Juwelier in der Mühlenstraße in Kommern, die Tat wurde von drei Überwachungskameras aufgezeichnet. Die Videos wurden am Dienstag im Bonner Landgericht vorgeführt, wo sich zwei Heranwachsende, 20 und knapp 21 Jahre alt, wegen schweren Raubes vor einer Jugendstrafkammer verantworten müssen.

Zu sehen ist auf den Filmen, wie ein Maskierter gegen 11.08 Uhr an der Ladentür klingelt. Als der 27-jährige Juniorchef öffnet, hält ihm der Fremde eine Softair-Pistole vor die Brust, die von einer echten Waffe kaum zu unterscheiden ist.

Der Überfall auf den Juwelierladen in Kommern wurde von Überwachungskameras aufgenommen.

Kommerner Goldschmied flüchtet bei dem Überfall sofort auf die Straße

Der Goldschmied erkennt sofort die Lage und flüchtet auf die Straße. Draußen läuft er den Komplizen des Bewaffneten in die Arme, die ihn mit Pfefferspray attackieren, aber nur seinen linken Arm treffen. Der Geschäftsmann rennt weiter zu einer Versicherungsagentur und lässt von dort die Polizei rufen. In der Zeit raffen die drei Täter Uhren und Schmuck in eine Sporttasche, zertrümmern Glasvitrinen und verschwinden dann.

„Sie haben gezielt nach Gelbgold gegriffen“, sagte der Juwelier als Zeuge. Er beziffert den Schaden auf mehr als 73 000 Euro. Allein die gestohlenen Trauringe aus 585er Gold hätten einen Wert von 46 000 Euro. Einige fand er später auf der Straße wieder.

„Man kann nicht bezweifeln, dass Sie das sind, wenn man die Bilder sieht“, hielt Kammervorsitzender Volker Kunkel den aus Niederkassel stammenden Angeklagten vor. Sie nickten und ließen von ihren Verteidigern Thomas Ohm und Sina Weber Geständnisse verlesen.


Zwei Autos in Köln gemietet, Kennzeichen in Bonn gestohlen

Die Straftat war professionell vorbereitet worden: Zwei Mietwagen, einen VW Golf und einen Toyoto Aygo, hatten die beiden jungen Männer in Köln gemietet. Der japanische Kleinwagen wurde am Vorabend des Überfalls unweit des Tatorts in einer Seitenstraße geparkt, für den Golf stahl man die Kennzeichen eines in Bonn zugelassenen Autos.

Auch der Tatort war den Tätern bekannt: Unter dem Vorwand, einen Ring für seine Freundin zu suchen, hatte sich einer der beiden Verurteilten bereits rund einen Monat vor der Tat in dem kleinen Ladenlokal umgesehen.


Neue Freunde mit dicken Autos machten großen Eindruck auf den Angeklagten

„Die Anklagevorwürfe sind richtig“, erklärte Rechtsanwalt Ohm für den 20-Jährigen. Er habe sich „mit Leuten eingelassen, deren Gefährlichkeit sich mir erst im Nachhinein erschlossen hat“. Diese Bekanntschaft „zu neuen Freunden mit dicken Autos“ soll vor mehr als einem halben Jahr begonnen haben.

„Da läuft was aus dem Ruder“, ahnte die Mutter, aber sie habe nicht fassen können, was schieflief, „bis die Bombe platzte“: der Überfall in Kommern. Die Lunte an die Bombe ist offenbar schon früh gelegt worden: Die „neuen Freunde“ hätten dem unbedarften jungen Mann bedeutet, so ein Raub sei „eine tolle Sache, da kriegen wir alle was“.


Angeklagter soll auch Überfall auf Schmuckgeschäft in Erftstadt versucht haben 

Gut drei Monate vor der Tat in Kommern baldowerte der 20-Jährige den Laden aus, interessierte sich angeblich für Ringe, ohne etwas zu kaufen. Der Juwelier konnte sich später an den Besuch erinnern und damit entscheidend zur Festnahme der Verdächtigen beitragen.

Da ermittelte bereits die Polizei des Rhein-Erft-Kreises gegen den Mechanikerlehrling, weil er versucht hatte, in Erftstadt ein Schmuckgeschäft zu überfallen, aber am Ende kalte Füße bekam. Die Staatsanwaltschaft Köln hat das Verfahren inzwischen eingestellt. Auch sein Komplize räumte die Vorwürfe ein. „Ich war am Überfall beteiligt“, sagte der 21-Jährige.


Den dritten Beteiligten nicht verraten

Unweit des Kommerner Freilichtmuseums haben sie versucht, die zur Tat verwendeten Utensilien und die zur Drohung verwendete Soft-Air-Pistole in Brand zu setzen. Dass sie dabei aber beobachtet und die meisten Gegenstände nicht zerstört wurden, trug schließlich ebenso zu der Verhaftung des Duos bei, wie die dürftige, nur aus Mund-Nasen-Schutz bestehende Maskierung.

Vor Gericht räumten beide ihre Beteiligung an dem Überfall ein, ihren Kumpel mochten sie allerdings nicht verpfeifen. Auch habe der die gesamte Beute bekommen. Der Bewaffnete sei völlig leer ausgegangen, der zweite Verurteilte habe 2500 Euro erhalten.

Die Richter der achten Großen Strafkammer am Bonner Landgericht befanden die beiden zum Tatzeitpunkt 20-Jährigen des besonders schweren Raubes für schuldig. Der gesamte Schaden summierte sich auf rund 76.000 Euro, der Wert der erbeuteten Uhren und des Schmucks lag um die 65.000 Euro.

Der unbewaffnete Räuber erhielt mit vier Jahren vor allem deswegen eine höhere Strafe als sein bewaffneter Kumpan, weil er gerade einmal drei Monate zuvor wegen eines missglückten Überfalls auf ein Godesberger Wettbüro zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden war.