A n einem Tag in einer nicht allzu fernen Zukunft:
Dieses Paket hat niemand bestellt. Aber Amazon weiß, dass Julia es brauchen wird. Ja, Julia ist schwanger. Und Amazon wusste es - vor ihr!
Wird das in Zukunft möglich sein?
Ein Konzern, der uns besser kennt als wir uns selbst, der Wünsche erfüllt, bevor wir sie gedacht haben? Leben wir bald in dieser schönen neuen Amazon-Welt?

Ganz so weit sind wir noch nicht, meinen die beiden WDR-Autoren des Films, Martin Herzog und Marko Rösseler, aber wir sind auf dem besten Weg dahin. Aus Amazon, dem Online-Buchhändler von einst, ist eine weltweite Marktmacht geworden. Sie hat ihren Chef Jeff Bezos zum reichsten Mann der Welt gemacht. Jeder zweite Euro im Online-Handel wird bei Amazon ausgegeben, Tendenz steigend.

Amazon nutzt eine Maschine, die weltweit mehr als 300 Millionen Menschen gleichzeitig beobachten, vergleichen und analysieren kann. Niemals in der Geschichte des Handels hat ein Konzern so viele Daten über das Verhalten von Käufern und Händlern gesammelt. Denn Amazon ist nicht nur Marktplatz, Marktaufsicht und Anbieter für immer mehr Dienstleistungen und Dinge, sondern kontrolliert auch alle Datenströme auf diesem Markt und nutzt sie im Sinne des Konzerns.
Im Gewand des harmlosen Internet-Händlers, der immer nur das Wohl der Käufer im Blick hat, verschafft sich der Gigant intimste Einblicke in das Leben seiner Kunden.

Dreharbeiten

Start- und Schluss-Sequenz der Reportage wurden auf dem Wackerberg zwischen Kall, Schleiden und Gemünd aufgenommen. Da schwebt eine Drohne über grüne Eifelwälder auf ein Haus zu, aus dem eine junge Frau heraustritt, die noch nichts von ihrem doppelten Glück weiß:
Sie ist schwanger, und sie bekommt im Amazon-Paket die notwendigen Accessoires für die Grundausstattung.

Das "Waldquartier Wackerberg" wurde wegen seiner Lage mitten in der Natur ohne störende Nebengebäude für diesen Dreh ausgewählt. Tatsächlich gibt es Amazon-Modellversuche für die Auslieferung per Drohne, hier in der Eifel könnte man damit beginnen...
In der Schluss-Einstellung begegnet ein Amazon-Elektro-PKW (in Wirklichkeit ein BMW i3 mit angepasstem Logo) einer "lila Kuh" auf einem Wirtschaftsweg am Fuß des Wackerbergs. Natürlich ist das Firmenlogo auf dem Fell der Kuh nicht "Milka", sondern "Amazon".
Besonders kooperativ hat sich das Milchvieh, von einem Bauern aus dem Dorf zum Tatort geführt, nicht gezeigt:
Mit einem kräftigen Huftritt wurde die Autofront demoliert - wahrscheinlich hat das Honorar nicht gestimmt.

Rezensionen

• Hier bekommen wir eindrucksvolle Einblicke in die Machtzentrale von Amazon – und in die Denkstrukturen von Jeff Bezos, Chef und Lenker des Konzerns.
Jörg Schieb, WDR, Digistalistan

• Martin Herzog und Marko Rösseler zeichnen mit ihrem Film eine dystopische Zukunft. Ob sich die Welt so pessimistisch entwickelt, wie es hier zu sehen ist, wird sich zeigen. Die Autoren beschäftigen sich eher mit den Risiken und weniger mit den Chancen, welche die Technik bietet. Das ist bei aller berechtigten Kritik schade.
Christoph Fröhlich, Stern

• Mein spontaner Eindruck von der Dokumentation „Allmacht Amazon“ war insgesamt positiv. Ich fand nicht nur das Thema Datenkapitalismus schon immer höchstinteressant, sondern auch die Reihe von den Interviewten in dieser Reportage beeindruckend.
Nachdem ich die ganze Sendung zweimal sah, bin ich überzeugt, dass Amazon kein einfacher Marktakteur ist, sondern ein ökonomischer Überbau wurde. Innerhalb dieser Struktur legt Amazon die Regeln fest und alle anderen folgen.

Henson Lee

Bewertung:   4/5  Doku-Rezension

Amazon und die Pandemie

Im Sommer 2018 wurde die WDR Story produziert und im Dezember desselben Jahres ausgestrahlt, da hat noch keiner Covid-19 auf dem Schirm gehabt. Inzwischen wäre eine Überarbeitung der Sendung fällig, denn Amazon ist noch profitabler und noch mächtiger geworden -
- dank der Pandemie, vor allem aber dank der Entscheidung der Politiker, Einzelhandelsgeschäfte mit Ausnahme der Lebensmittel-Grundversorgung auf Monate dichtzumachen. Wer in dieser Zeit Schuhe, Kleidung oder Sportartikel kaufen will, darf sie im Versandhandel bestellen.
Und wer ist weltweit der größte Versandhändler? Eben, Amazon.

Wissenschaftliche Studien, nach denen das Virus beim Schuhhändler oder im Modegeschäft deutlich schneller übertragen wird als bei Aldi, Lidl oder im Penny-Markt liegen nicht vor. Aber das kann Jeff Bezos egal sein: Allein in Deutschland konnte Amazon 2020 ein Drittel mehr Umsatz verbuchen, insgesamt verdreifacht sich der Gewinn.

Wie heißt es doch immer in Detektiv-Romanen - folge der Spur des Geldes! Es wird also Zeit, sich eine neue Verschwörungstheorie zusammenzuzimmern:
Nicht etwa Microsoft-Gründer Bill Gates hat uns das Corona-Virus beschert, sondern Jeff Bezos! Abgesehen von ein paar Pharmafirmen profitiert sein Unternehmen am meisten von der Pandemie. Und wer sind seine heimlichen Komplizen in Deutschland? Natürlich Karl Lauterbach & Co.!

Jeff Bezos

ist Gründer und CEO von Amazon, dem weltweit größten Onlineversandhändler. Geboren wurde er am 2. Januar 1964 in Albuquerque, New Mexico, als Jeffrey Preston Jorgensen. Wenig später ließen sich seine Eltern scheiden. Als Jeffrey vier Jahre alt war, heiratete seine Mutter Jackie den Exilkubaner Miguel „Mike“ Bezos.
Bezos studierte von 1982 bis 1986 an der Princeton University Elektrotechnik und Informatik - er ist kein Studienabbrecher wie eine Reihe von IT-Pionieren. Nach Jobs bei einer Mobilfunkgesellschaft und zwei renommierten Vermögensverwaltungen gründete er 1994, in den "Kindertagen" des Internets, Amazon.com und übergibt erst 27 Jahre später die Leitung des Konzerns an einen engen Mitarbeiter.
Mit einem geschätzten Gesamtvermögen in der Größenordnung von über 200 Milliarden US-Dollar gilt Bezos als reichste Mensch der Welt, dicht gefolgt von Tesla-Gründer Elon Musk, der ihn - je nach aktuellem Stand der Tesla-Aktie - schon einmal überholt hat.

Auch mit seiner Scheidung musste Bezos natürlich einen Rekord knacken:
Ein Richter in Washington hat der Ex-Ehefrau MacKenzie im Juli 2019 eine Abfindung in Höhe von 38 Milliarden Dollar zugesprochen. Den herben Vermögensverlust konnte Bezos in der anschließenden Corona-Pandemie spielend ausgleichen, als der Kurs der Amazon-Aktie um mehr als 70% stieg.
Auf staatliche Unterstützung werden beide wohl in diesem Leben nicht mehr angewiesen sein...


Waldquartier Wackerberg

Gut vernetzt war er bestimmt - der Düsseldorfer Industrielle, der Anfang der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts einer katholischen Kirchengemeinde annähernd 40.000 qm Waldland in der Nordeifel abkaufte und darauf ein veritables Jagd- und Forsthaus errichtete.
Auf 500 m Höhe gelegen, nicht weit entfernt vom Gipfel des Wackerbergs und dennoch windgeschützt, ist das Anwesen auch heute auf den letzten paar Kilometern nur über Waldwege erreichbar, von den Metropolen Köln und Aachen aus von Haustür zu Haustür aber in weniger als einer Stunde.

Ruhe - Weite - Einsamkeit: Die besten Voraussetzungen, Abstand zu gewinnen und zu sich selbst zu finden.
Heute ist es beinahe ein Privileg, solche Orte zu entdecken wie das fast 100 Jahre alte Anwesen, an allen Seiten umgeben von einem geschlossenen Waldgebiet, behutsam restauriert und modernisiert, geschmackvoll eingerichtet und mit zeitgemäßer Technik ausgestattet.
Ganz abgeschnitten von der Außenwelt ist das "Luxurious Hideaway" aber nicht: Für die Kommunikation steht ein kostenfreies WLAN zur Verfügung; das Haus ist seit Ende 2020 ans Glasfasernetz angebunden.

Bewertung:   5.0/5  Google

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Reportage

WDR  2018